„Was, du hast einen Blog zum Thema Lehmbau? Ah, cool.“ …
Einen kurzen Moment dauert es meistens, bis das Gespräch dann wieder seinen Lauf nimmt.
„Aber erklär nochmal kurz, meinst du komplett aus Lehm bauen, also echt, Lehm?!?“
So oder so ähnlich sind meist die Reaktionen zum Thema Bauen mit Lehm. Kann ich gut verstehen, mir ging es seinerzeit ja genau so. Es stellen sich viele Fragen und nur mit viel Ambitionismus kann man sich die wichtigsten Informationen aus unterschiedlichen Websites heraussuchen. Und dann muss man sie nur noch zusammen setzen. Oder ein Buch kaufen, aber welches?
Ich möchte es euch vereinfachen und die häufig gestellten Fragen zum Thema Lehmbau beantworten. Was genau bedeutet es mit Lehm zu bauen? Wie genau geht das überhaupt? Wer macht das? Was für Vorteile habe ich davon und kann ich das überhaupt bezahlen?
…um hier nur einige davon zu nennen.
Wer hat nicht schon mal von den vermeintlichen Vorteilen des Lehms gehört:
Feuchteregulierung, Wärmespeicherung oder auch Umweltfreundlichkeit. Aber wusstet ihr, dass ein Lehmputz von 5mm ausreicht, um Schadstoffe aus der Luft aufzunehmen und sie einzulagern? Dass der Fisch, den ihr abends kocht am nächsten Morgen nicht mehr riecht, da der Lehm die Geruchsstoffe absorbiert? Dass einem Asthmatiker nichts besseres passieren kann, als in einem Raum aus Lehm zu leben?
Hier eine Liste an Fakten, die das Einbauen von Lehm in einem Gebäude mit sich bringen kann:
- Feuchteregulierend
- Wärmespeichernd
- Gute Akustikeigenschaften
- Reduziert hochfrequente Strahlung
- Absorbiert schlechte Gerüche
- Bindet Schadstoffe
- Konserviert Holz
- Lehm bietet sogar Brandschutz (beispielsweise für eine Holzkonstruktion)
- Verarbeitung ist partizipativ, leicht zu erlernen und kann selbst gemacht werden
- Umweltfreundlich
- Wiederverwendbar -> Cradle to Cradle
- Unendliche Resscourcen
- Ohne jegliche Zusätze verarbeitbar
- 100% recyclebar und problemlos zu entsorgen
Aber gehen wir doch zu allererst mal darauf ein: Was genau ist Lehm überhaupt?
Lehm ist ein Gemisch aus Ton, Schluff und Sand. Je nachdem welche Lehmbautechnik man anwendet kommt noch Kies hinzu. Die Tonmineralien sind in diesem Gemisch die kleinsten Teilchen. Wenn man sich Tonmineralien durchs Mikroskop anschaut, dann sind es kleine, sehr platte, meist kantige Teilchen, die durch Wasser aneinander haften. Dieser Anziehung oder Bindung verdankt der Ton seine Klebrigkeit. Umso mehr Ton in einem Lehm also vorhanden ist, desto klebriger ist er.
Durch einen hohen Tonanteil kann der Lehm im Trocknungsvorgang aber reissen, dann bezeichnet man ihn als zu „fett“. Möchte man die Risse verhindern gibt man dem Gemisch mehr Sand hinzu, magert ihn also ab. Magerer Lehm ist rissresistenter, aber hier ist wieder darauf zu achten, dass die Bindekraft bestehen bleibt und die trockene Lehmoberfläche nicht sandet. Ihr seht schon, eine Wissenschaft für sich! Mit etwas Übung und dem richtigen Gefühl dafür hat man aber sehr schnell raus, welcher Lehm sich wofür eignet.
Lehm kommt in so ziemlich allen Regionen unsrer Welt vor, ausser in den Bergen, wo man nur auf Gestein trifft. Das Lehmvorkommen unterscheidet sich je nach Region natürlich in Zusammensetzung, Art des Tonminerals und damit auch in der Farbe. Das Spektrum reicht hier von weissem Lehm über braunen, gelben und ockerfarbigen, bis zu grünem und schwarzem Lehm. Rot ist natürlich auch ein bekannter Klassiker.
Firmen, die sich auf Lehmoberflächen spezialisieren und fertige Mischungen anbieten, haben sogar die verrücktesten natürlichen Farbpigmente entwickelt, die Lehmwände sogar blau werden lassen, wenn man das möchte. Hier ein Putzmuster, das ich vor kurzem dazu erstellt habe:
Der Kreativität sind mit Lehm also keinerlei Grenzen gesetzt. Mit Einstreuungen von Muschelkalk oder pflanzlichen Fasern kann man der Oberfläche zusätzlich eine ganz eigene Ausstrahlung verleihen. In der Ornamentik der Oberfläche kann man auch eine sehr warme und weiche, ja fast wilde Optik erzielen.
Lehmputz kann aber auch ohne Probleme sehr dezent in weiss und glatt hergestellt werden, und so alle Anforderungen erfüllen, die im Neubausektor bis Qualitätsstufe Q3 bestehen.
Das war es also schon. Lehm ist aus der Natur geschöpfte „Erde“, die in der richtigen Zusammensetzung und mit Zugabe von Wasser zu einem Baumaterial werden kann. Wenn dem Gemisch keine künstlichen Zusätze wie Zement oder Gips verabreicht werden, was es in der Regel auch gar nicht braucht, dann kann der Lehm unendlich oft wieder verwendet werden. Einfach abkratzen, Wasser drauf und neu verputzen. Klingt toll oder? 🙂 Ich habs selbst schon probiert!
In den nächsten Folgen steigen wir dann Thema für Thema tiefer in die Eigenschaften des Lehms ein. Als nächstes schauen wir uns an, was es mit der Feuchteregulierung auf sich hat. Ich freue mich, wenn ihr wieder reinschaut!
Mich interessiert jetzt aber brennend, wer von euch sich nach diesen Informationen nun für eine Lehmoberfläche entscheiden würde, wenn ihr die Wahl hättet?
Herzlichst, Sandra
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